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Foto: AdobeStock/Jürgen Fälchle

LKW-Maut: Alles wird teurer

Nach Einschätzungen der DIHK kommt auf die  Wirtschaft aufgrund der Mauterhöhung eine Mehrbelastung von 7,6 Milliarden Euro zu. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sind in ihrer Existenz bedroht.

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Am 1. Dezember ist die Reform der LKW-Maut in Kraft getreten, die die Höhe der Maut an den CO2-Ausstoß koppelt. Das neue Gesetz resultiert aus der Notwendigkeit der Umsetzung der geänderten Eurovignetten-Richtlinie, die im März 2022 in Kraft getreten ist und eine CO2-Differenzierung der LKW-Maut für schwere Nutzfahrzeuge vorsieht.

Allerdings fällt die Klimakomponente in Höhe von 200 Euro pro Tonne in Deutschland sehr hoch aus, denn der Richtwert der EU sieht nur 100 Euro pro Tonne vor. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) beziffert, dass die LKW-Maut die Wirtschaft mit jährlich 7,6 Milliarden Euro belasten wird.

Die Erhöhung kommt vor allem deshalb zur Unzeit, da sich die Wirtschaft in einem Formtief befindet.Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose hat für das Jahr 2023 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland sogar um 0,6 Prozent prognostiziert. Der Abschwung ist vor allem auf den sprunghaften Anstieg der Energiepreise im Jahr 2022 zurückzuführen. Hinzu kommt die Tatsache, dass ab 2024 der CO2-Preis für Kraftstoffe im Emissionshandel von 30 auf 40 Euro pro Tonne steigen wird. Damit werden Unternehmen doppelt belastet.

Im Stückgut haben wir es mit einer Erhöhung der Maut im Durchschnitt von 78 Prozent zu tun, im Teil- und Komplettladungssegment fällt diese noch höher aus und führt zu einer wesentlichen Erhöhung der Frachtraten. Das kann natürlich kein Spediteur tragen. Die Speditionen befinden sich aktuell in einer sehr schwierigen Profitsituation, die Gewinnmargen liegen zwischen 2 bis 5 Prozent. Das heißt, dass die Kosten an die Kunden weitergegeben werden müssen. Und die Kunden werden es wiederum an den Konsumenten weitergeben. Je nachdem, wie hoch die Transportkosten im Gewicht sind, wird es bei spezifischen Waren stärker oder weniger zu spüren sein, verweist Lukas Petrasch, Gründer von Cargoboard, auf die weitreichenden Folgen der Mauterhöhung.

Auch der Bundesverband Logistik & Verkehr warnt vor den Folgekosten:

Alle Produkte auf dem deutschen Markt werden durch die Mauterhöhung für jeden teurer. Kurz nach der Mauterhöhung wurden Förderprogramme wie Deminimis für 2024 gestrichen – ein weiterer existenzbedrohender Nachteil für viele deutsche Transportunternehmen und Fahrer, sagt Daniel Beständig, Vorstandsmitglied beim Bundesverband Logistik & Verkehr.

Die Transportbranche kritisiert vor allem aber auch die Tatsache, dass die Maut ohne Beachtung der Marktsituation eingeführt wurde. Petrasch ist der Meinung, man hätte die Mautteilsätze differenzieren und gestaffelt einführen können.

Meine Empfehlung wäre gewesen, die Mauterhöhung sukzessive einzuführen in Ankopplung an die aktuelle Marktsituation.Das Voranbringen der Elektromobilität und die Verbesserung der Schieneninfrastruktur hätte über einen längeren Zeitraum im Gleichschritt mit einer Mauterhöhung passieren sollen”, betont er.

Kleine Unternehmen sind in ihrer Existenz bedroht

Für kleine und mittelständische Unternehmen können die aus der Mauterhöhung resultierenden Kostensteigerungen existenzbedrohend sein, dass sie nicht imstande sind, die Kosten umzulegen. Hinzu kommt auch ein Abhängigkeitsproblem von Verladern.

Gerade bei kleinen und mittelständischen Speditionen schätze ich die Wahrscheinlichkeit von Insolvenzen recht hoch ein,da diese in ihrem Vertragsverhältnis mit großen Verladern sehr abhängig sind und die großen Verlader oft die Preise diktieren können oder die Kleinspeditionen dann sehr leicht austauschen können, erklärt Petrasch.

Der Bundesverband Logistik & Verkehr rechnet sogar schon im ersten Quartal 2024 mit ersten Insolvenzen in der Branche.

Ich gehe davon aus, dass im ersten Quartal 2024 vielen kleinen und mittelständischen Transportunternehmen eine Insolvenz droht. Die großen Unternehmen werden die Mautkosten an ihre Kunden weitergeben. Wo das nicht möglich ist, wird man an den Preisen für die Frachtführer sparen müssen. Kleine Unternehmen, die von großen Logistikern oder dem Spotmarkt abhängig sind, können die Maut nicht einfach umlegen und werden früher oder später vor der Entscheidung stehen, ob sie weitermachen können oder nicht, betont Beständig.

Preisdruck könnte sich weiter verschärfen

Zudem könnte infolge der Mauterhöhung der Wettbewerbsdruck seitens osteuropäischer Unternehmen weiter steigen.In Deutschland entfallen bereits jetzt schon  etwa 43,3 Prozent der Verkehrsleistungen im Straßengüterverkehr auf ausländische LKW.

Osteuropäische Transportunternehmen haben schon heute eine ganz andere Kostenstruktur. Fehlende Kontrollen des Mindestlohns, der Sozialvorschriften sowie der Kabotage machen vor allem den deutschen Transportmarkt interessant für große Flotten aus dem Ausland. Viele Relationen werden in den Börsen von osteuropäischen Großspediteuren angeboten. Gerüchte, dass osteuropäische Großspediteure mittlerweile Software einsetzen, mit der man Mautzahlungen umgehen kann, kursieren schon länger. Sollte das tatsächlich so sein, wird sich der Preisdruck natürlich extrem verschärfen, warnt Beständig.

Mehr Investitionen in die Straße

Die CO2-Maut verfolgt das ehrgeizige Ziel, nachhaltige Mobilität zu fördern. Einerseits soll die C02-Komponente Transportunternehmen dazu ermutigen, auf alternative Antriebe umzusteigen. Andererseits soll eine Verlagerung von Transporten auf die Schiene erfolgen, da die Mehreinnahmen aus der LKW-Maut in den Ausbau der Schiene fließen sollen. Doch auch die Lenkungswirkung sehen viele skeptisch.

Die Lenkungswirkung könnte verpuffen, weil es diese Alternativen in dem Umfang nicht gibt oder die nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Grundsätzlich sind wir ein Fan von der Klimapolitik.Die Logistik muss grüner werden und es muss langfristig elektrifiziert werden. Aber der Zeitpunkt ist kritisch und die Höhe der Komponente fällt auch zu hoch aus, kritisiert Petrasch.

Eine Verlagerung von Straße auf die Schiene hält er in kurzfristiger Perspektive für nicht möglich.

Die Infrastruktur dafür ist schlicht nicht vorhanden. Wenn die Mehreinnahmen aus der Maut in die Schiene fließen, könnte sich das in 10 bis 15 Jahren ändern. Momentan ist es sehr schwierig, die Waren auf die Schiene zu bekommen.Auch haben die Bahnoperateure teils keine Kapazitäten, die Waren auf der Schiene abzufertigen. Da spreche ich auch von der Digitalisierung, die ebenfalls ausbleibt. Ich sehe aktuell keine Chance, den Straßengüterverkehr stärker auf die Schiene zu bringen.Ich habe den Eindruck, dass die aktuelle Politik ein großes Statement setzen wollte, aber das dies keinen vernünftigen Lenkungseffekt in der Praxis haben wird, sagt der Gründer von Cargoboard.

Auch der BLV kann nicht wirklich nachvollziehen, warum die Mehreinnahmen auch an die Schiene gehen sollen.

Die Mehreinnahmen der Maut sollten grundsätzlich in die Infrastruktur des Straßengütertransports fließen. Nicht nur die Ertüchtigung des Straßennetzes ist dringend erforderlich. Mehr Personal und Kontrollstellen zur Überprüfung der Mindestlohn- und Sozialvorschriften sowie der Kabotage sind dringend erforderlich. Ebenso fehlen überall LKW-Parkplätze mit entsprechender Infrastruktur, auf denen die Fahrer ihre Pause auch zur Erholung nutzen können. Die Straßenbenutzungsgebühr sollte deshalb auch dort bleiben. Eine Subvention des direkten Wettbewerbers, der Deutschen Bahn AG, lehne ich strikt ab, betont Beständig vehement.

Gewerbediesel würde die Branche entlasten

Angesichts der schwierigen Lage sieht der Bundesverband Logistik & Verkehr dringenden Handlungsbedarf und plädiert für Maßnahmen zur Entlastung der Branche -mitunter für die Einführung des Gewerbediesels.

Ein erster Schritt wäre die Einführung eines Gewerbediesels, wie es in anderen europäischen Ländern längst Standard ist. Gesetzlich verkürzte Zahlungsziele von 7 – 14 Tagen für die erbrachte Dienstleistung/Transport würden die Situation ebenfalls deutlich entschärfen und den Transportunternehmer notwendige Liquidität verschaffen, so Beständig.

Langfristige Perspektiven hinsichtlich der Mautbefreiung würden ebenfalls mehr Klarheit und Planungssicherheit verschaffen.

Grundsätzlich muss eine Planungssicherheit z. B. für eine Mautbefreiung von mindestens 4 Jahre gegeben sein, damit sich die Mehrkosten für die Anschaffung alternativer Antriebe wirtschaftlich rechnen lassen. Neben der Förderung spielen auch die Ladeinfrastruktur und der Strompreis an der Ladesäule eine nicht unerhebliche Rolle, sagt Beständig abschließend.

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