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Quelle: Adobestock / Taina Sohlman

Gigaliner: Schweiz reagiert beunruhigt auf EU-Pläne

Vergangene Woche hat das Europäische Parlament den Weg für den grenzüberschreitenden Verkehr von Gigalinern freigemacht. Demnach können die überlangen LKW auch durch die Schweiz rollen, wovon die Schweizer wenig begeistert sind. Steuert die Schweiz auf eine Konfrontation mit der EU zu?

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Die EU-Kommission hat das „Green transport package” präsentiert und nach dem jüngsten Gesetzesentwurf soll der grenzüberschreitende Einsatz von überlangen Lastwagen, den sogenannten Gigalinern, erleichtert werden. Obwohl der Entscheid keine direkte Auswirkung auf die Schweiz hat, da die Schweiz kein EU-Mitglied ist, wird befürchtet, dass Brüssel Druck ausüben wird.

Sollte sich die Europäische Kommission dazu entschließen, die Vorschriften entsprechend anzupassen, könnte die Schweiz trotz breiter politischer Ablehnung der Zulassung von Gigalinern in der Schweiz unter Druck geraten, ihre Längen- und Gewichtslimiten für Fahrzeugkombinationen des schweren Sachentransportes ebenfalls anzupassen und damit Gigaliner ganz oder teilweise auch in der Schweiz zuzulassen”, befürchtet das Schweizer Bundesamt für Strassen (Astra).

In der Schweiz ist seit 2005 die Verordnung in Kraft, nach der LKW maximal 40 Tonnen und im kombinierten Verkehr 44 Tonnen wiegen dürfen und 18,75 Meter lang sein müssen. Die EU will nun LKW mit einem Gewicht von bis zu 60 Tonnen und einer Länge von 25,25 Metern den Grenzübertritt erlauben.

Einführung von Gigalinern auf Schweizer Strassen nicht möglich

Eine generelle Zulassung von Gigalinern ist zum heutigen Zeitpunkt auf keinem der vier Schweizer Strassennetze möglich, ohne eine entsprechende Anpassungen an der Infrastruktur, heißt es vonseiten Astra.

Bereits bei der Einfahrt in die Schweiz gäbe es kritische Punkte, erklärt Astra, da Zollanlagen nicht auf Gigaliner ausgerichtet sind. Weitere Beispiele werden Raststätten, Rastplätzen, Schwerverkehrskontrollzentren und Warteräume genannt, auf denen es für Gigaliner keine geeigneten Parkmöglichkeiten gäbe, da die heutigen Parkfelder zu kurz sind.

Bei einer Erhöhung des Fahrzeuggesamtgewichts wäre einerseits die Tragfähigkeit verschiedener Kunstbauten, insbesondere Brücken, anderseits die Sicherheit in Tunneln, speziell bei Gefahrguttransporten nicht mehr gewährleistet. Zudem können die bestehenden Rückhalteeinrichtungen einem 60 Tonnen schweren Gigaliner nicht standhalten.

Und verweist auf eine Studie aus dem Jahr 2011, die zum Schluss kommt, dass eine generelle Einführung von Gigalinern auf Schweizer Strassen nicht möglich sei, ohne die Infrastruktur für einen dreistelligen Millionen-Schweizer-Franken-Betrag anpassen zu müssen.

Stellungnahmen von Schweizer Verbänden

Der Umweltverband Alpen-Initiative verweist auf eine Ausbremsung der Schweizer Verlagerungspolitik. Da mit den sinkenden Transportkosten bei Gigalinern die Güter vermehrt von der Schiene wieder zurück auf die Strasse verlagert werden würden, was wiederum zu mehr Staus, Lärm und Treibhausgase führt.

Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband Astag lehnt die Zulassung von Gigalinern in der Schweiz „kategorisch” ab und habe eigenen Angaben zufolge bereits im vergangenen Oktober ein Positionspapier zum Thema publiziert.

Die Effizienzgewinne von Gigalinern lassen sich erst bei längeren Stecken realisieren. Im Binnenverkehr, mit kürzeren Distanzen, lohnt sich deren Einsatz kaum. Von einer Zulassung würde daher vor allem der internationale Transitverkehr profitieren. Gemäß Verfassung gehört dieser jedoch auf die Schiene”, so Astag.


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