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Foto: SYNAOS

Gründerinterview: Wir machen aus dem Flaschenhals Intralogistik einen Effizienzfaktor

Das in Hannover ansässige KI-Start-up SYNAOS digitalisiert und automatisiert intralogistische Prozesse in Fabriken und Logistikzentren. In unserem Interview erklärt Dr. Wolfgang Hackenberg, CEO & Co-Founder der SYNAOS GmbH, was Intralogistiker tun sollten, wenn sie flexibler und kosteneffizienter sein wollen.

Lesezeit 7 Min.

Natalia Jakubowska, Trans.iNFO: Was genau macht Ihr Start-up?

Dr. Wolfgang Hackenberg, CEO & Co-Founder der SYNAOS GmbH: Unternehmen haben oft das Problem, dass ihre Intralogistik sehr zerklüftet ist. Teilweise haben sie viele kleine Einzellösungen parallel laufen und verfügen weder über prozessübergreifende Datennutzung noch Datenoptimierung. Es fehlt ihnen an einer skalierbaren, einfach zu bedienenden Softwarelösung, die alle ihre Transporteinheiten und Assets steuert. Die Automatisierung der Intralogistik mit mobilen Robotern dauert in einem konventionellen Szenario noch zu lange und ist zu teuer. Genau hier setzen wir mit unserer SYNAOS Intralogistics Management Platform (IMP) an: Wir machen aus dem Flaschenhals Intralogistik einen Effizienzfaktor. Unsere Kunden können mit unserer Software KI-optimiert und in Echtzeit ihre intralogistischen Prozesse in ihren Fabriken oder Warenlagern steuern. Ganz konkret bieten wir als Hauptlösung ein herstellerunabhängiges Mobile Robot Fleet Management für die Orchestrierung von Flotten mobiler Roboter, bestehend aus Automated Guided Vehicles oder Autonomous Mobile Robots, an. Dabei können diese Flotten sowohl homogen als auch heterogen sein, also sowohl aus Robotern nur eines Anbieters als auch mehrerer Anbieter bestehen. Unser Rekord liegt derzeit bei sieben unterschiedlichen Herstellern in einem Layout. Zudem gehören noch Warehouse Execution und Vehicle Localization zu unserem Lösungsportfolio. Wir flexibilisieren die Intralogistik unserer Kunden und verbessern ihre Kostenposition, was besonders an Hochlohnstandorten wie Deutschland entscheidend ist.

Was für ein Problem wird durch Ihr Produkt gelöst? Welche Nachfrage wird damit gedeckt?

Die Flexibilisierung und Kostenreduzierung in der Intralogistik, speziell durch Automatisierung mit mobilen Robotern. Die intralogistischen Prozesse in Fabriken und Warenlagern sind heute vielerorts nicht effizient und damit nicht zukunftsfähig. Zum Beispiel fahren dort Gabelstapler unausgelastet wild durcheinander. Wertvolle Informationen gehen ungenutzt verloren, zum Beispiel wie die Standzeiten und Auslastungen sind und wie hoch der Anteil an Leerfahrten ist. Und dort, wo Automatisierungslösungen basierend auf mobilen Robotern heute schon manuelle Fahrzeuge ersetzen, sind diese Lösungen nicht herstellerunabhängig und nur schwer zu skalieren. Wir sehen daher den Bedarf und den Ruf nach mehr Flexibilität und Effizienz seitens der Logistikverantwortlichen.

Was ist Ihre Zielgruppe?

Unsere Zielgruppe umfasst jeden, der Interesse an einer exzellenten Operations in der Intralogistik hat. Jeder, der weniger Ressourcen investieren und verbrauchen will, der sich weniger Verspätungen und Stauung, mehr Flexibilität und eine bessere Wegeauslastung wünscht, der reaktionsfähiger sein will. Das sind aus unserer Erfahrung beispielsweise Logistikleiter und -entscheider, Produktionsleiter oder IT-Manager von KMUs bis hin zu multinationalen Unternehmen der verschiedensten Branchen wie Fertigung und Distribution, Automotive, Elektronik, Pharma und Food & Beverage.

Inwiefern entspricht das Produkt den aktuellen Markttrends?

Viele Logistiker haben heute verstanden, dass sie ihre Intralogistik umkrempeln müssen, wenn sie flexibler und kosteneffizienter sein wollen. Dafür ist Software wie die SYNAOS IMP, die einen höheren Automatisierungsgrad ermöglicht, der Schlüssel. Entscheidend für den Erfolg ist dabei ein breites Netz an Mobile-Robot-Herstellern, die modular einsetzbar sind. SYNAOS ist führend beim Einsatz der herstellerunabhängigen Schnittstelle VDA 5050 und hat mit 25 Mobile-Robot-Partnern das größte Netzwerk in der Industrie.

Wann und wie sind Sie auf Ihre Gründungsidee gekommen?

Ich komme von einem großen Automotive OEM. Ich habe dort verstanden, dass die Intralogistik vielerorts sträflich vernachlässigt wird und so das schwächste Glied in der Supply Chain ist. Der Bedarf, die intralogistischen Prozesse zu optimieren, war und ist immens. Ich vergleiche das gern mit der Concorde: Ich habe als Passagier wenig davon, wenn ich zwar mit der Concorde fliege, sich aber die Prozesse an meinem Abflugs- und Ankunftsflughafen massiv stauen. Wenn die Intralogistik also einem Bottleneck gleicht, spielt es kaum eine Rolle, wie effizient alle anderen Logistik-Prozesse bis dorthin und von dort ablaufen. Der Lösungsansatz fast aller anderen Anbieter in der Industrie basiert hier auf dem Hardware-Ansatz und nicht auf der Software. Hier haben wir eine Marktlücke gesehen.

Welche Art von Wissen hatten Sie in diesem Bereich während der Gründung Ihres Startups? Und wie haben Sie Ihr Produkt überprüft?

Zum Zeitpunkt der Gründung hatten meine Mitstreiter und ich schon umfassende, langjährige Industrieerfahrung gepaart mit hochaktuellem Wissen aus der Forschung. Wir waren und sind ein heterogenes Gründungsteam mit verschiedenen Charakteren und kombinieren diese Stärken zu unserem Vorteil. Nachdem die Idee für SYNAOS entstanden war, haben wir erst gegründet, als wir den ersten Kunden von unserer Lösung überzeugt hatten. Das war dann auch gleich der Volkswagen-Konzern. Zusätzlich war das für uns der erste Schritt zur Marktvalidierung.

Woher kam das Kapital für Ihr Unternehmen?

Wir haben einen einzigen, sehr unternehmerisch denkenden Investor – die BraWo Group.

Was hätten Sie rückblickend in der Startphase anders gemacht?

Wir hätten uns noch stärker auf unser Produkt konzentrieren sollen und darauf, wie man es noch schneller und bei noch mehr Kunden platzieren und vermarkten kann. Wir hätten nach unserem ersten Kunden noch früher in den Sales einsteigen und so die Marktvalidierung beschleunigen sollen.

Welche Tipps können Sie anderen Gründerinnen und Gründern geben?

Man sollte sich besonders am Anfang nur auf das Wesentliche fokussieren, sich nicht im Klein-Klein verstricken. Das heißt: Wie bekomme ich möglichst schnell und kostengünstig eine Lösung gebaut, für die der Kunde bereit ist, zu bezahlen, und die ich dann skalieren kann? Das ist speziell im Bereich B2B und Industrie extrem schwierig. Einen solchen MVP – an dem dann gegebenenfalls der Output eines Automobilwerkes hängt – baut man nicht einfach mal so schnell. Jedenfalls habe ich stundenlange Diskussionen über die Farbe des Logos, die Ausstattung des Büros oder andere Nebensächlichkeiten hinter mir. Die sind weniger zielführend .

Was ist die größte unmittelbare Herausforderung für Ihr Unternehmen und wo sehen Sie sich selbst in fünf Jahren?

Im Moment ist es für uns einerseits eine Herausforderung, für die sehr heterogene Intralogistik-Welt ein skalierbares Produkt zu bauen. Andererseits gibt es die Herausforderung, sich gegen die konservativen Widerstände in der Industrie mit einem so neuen Produkt wie unserem durchzusetzen. Doch in fünf Jahren sehe ich uns als eine der führenden Intralogistiksoftware-Companys in Europa.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up hätten?

Also Geigenbauer oder etwas anderes Exotisches wäre ich sicher nicht. Ich liebe die Kombination aus Software und Hardware und die wunderbaren Dinge, die man damit in der Produktion herstellt und in der Logistik bewegt. Dafür brenne ich. In diesem Umfeld war ich schon mein ganzes berufliches Leben unterwegs und wäre es sicher sonst auch.

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