Foto: Alf van Beem, CC0, via Wikimedia Commons

Lohndumping: Umstrittenes Urteil im Fall der ungarischen Lkw-Fahrer in den Niederlanden

Das oberste Gericht der Niederlande hat letztendlich über den Fall von zehn ungarischen Fahrern entschieden, die ihren ehemaligen Arbeitgeber Silo Tank Kft. vor Gericht brachten. Mit dem jüngsten Urteil wurde ein früheres Gerichtsurteil aufgehoben, das den Lkw-Fahrern das Recht auf niederländische Löhne zuerkannt hatte.

Lesezeit 4 Min.

Am vergangenen Freitag ist vor dem obersten Gericht der Niederlande das Urteil im Verfahren der Lkw-Fahrer ergangen, die ihren ehemaligen Arbeitgeber zur Zahlung der Löhne gemäß den niederländischen Vorschriften aufgefordert hatten. Ihrer Ansicht nach hätten sie für ihre Arbeit beim Transportunternehmen Silo Tank Kft. (jetzt Van den Bosch Transport Kft.) zwischen den Jahren 2007 und 2012 , bei dem sie internationale Transporte durchführten, den in den Niederlanden und nicht in Ungarn geltenden Mindestlohn erhalten müssen.

Das Verfahren zieht sich über Jahre hin

Die Untersuchung der Praktiken des niederländischen Unternehmens wurde bereits vor 10 Jahren von der Gewerkschaft FNV eingeleitet. Nachdem das Unternehmen die ungarischen Fahrer entlassen hatte, reichten die Gewerkschafter eine Lohnklage gegen das Unternehmen ein. Im Jahr 2015 gewann die FNV den Prozess, verlor aber später die Berufung. Im Mai 2017 entschied das Berufungsgericht 's-Hertogenbosch nämlich, dass die Lkw-Fahrer keinen Anspruch auf niederländische Löhne hatten. Die Richter wiesen darauf hin, dass nur ein kleiner Teil der von den Fahrern durchgeführten Transporte in den Niederlanden und der Großteil im Ausland durchgeführt wurde. Darüber hinaus erachtete das Gericht es als relevant, dass die Lkw-Fahrer in Ungarn wohnen und dort ihre finanziellen und sozialen Verpflichtungen haben.

Am 27. Juli 2021 entschied das Berufungsgericht Arnheim-Leeuwarden wiederum, dass die ungarischen Lkw-Fahrer Anspruch auf die niederländischen Löhne haben, und verurteilte den Arbeitgeber, die Trucker für ihre Arbeit von 2007 bis 2012 zu entschädigen.

Das frühere Urteil wurde aufgehoben

Das oberste Gericht hob jedoch am 17. März des laufenden Jahres das Urteil des Berufungsgerichts Arnheim-Leeuwarden vom 27. Juli 2021 auf. Dies bedeutet demnach, dass den ungarischen Fahrern kein Anspruch auf die niederländischen Löhne zusteht, berichtet Van den Bosch Transport Kft. in einer offiziellen Mitteilung.

Das Urteil des obersten Gerichts bestätigt, dass wir richtig gehandelt haben und dass die Fahrer immer korrekt bezahlt wurden”, so Rico Daandels, CEO von Van den Bosch.

Laut Daandels zeugt das Urteil von der Komplexität des vorliegenden Verfahrens sowie anderer, ähnlicher Fälle, mit denen die gesamte Branche zu tun hat. Er weist jedoch darauf hin, dass solche Situationen und Probleme dem Image des Transportsektors schaden.

Nach 10 Jahren müssen wir leider feststellen, dass die Haltung und der Ton der Gewerkschaft FNV eine polarisierende und schädliche Wirkung auf den Sektor hatte”, fügt Daandels hinzu.

Die Gewerkschaft FNV Bondgenten hingegen bewertet den gesamten Fall völlig anders.

Die Entwicklung des Falles hat dem Sektor im weiteren Sinne viel Gutes gebracht, weil die Vorschriften verschärft wurden und es jetzt möglich ist, die Kunden zur Verantwortung zu ziehen”, heißt es in der offiziellen Mitteilung der Gewerkschaft.

Der FNV zufolge sind sich die Kunden heute mehr denn je bewusst, dass man den Transportunternehmen bei der Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften einfach nicht trauen kann.

Die Geschichte dieses Falles zeigt, wie Fahrer, die versuchen, ihre Rechte geltend zu machen, in der Praxis behandelt werden: Trucker werden einfach entlassen. Dann findet das Unternehmen es sehr kompliziert und tut alles, was möglich ist, um das Verfahren zu verlängern”, kommentiert die Gewerkschaft.

Die Gewerkschaft weist auch darauf hin, dass das belgische Strafgericht in Brügge im März in einem ähnlichen Fall gegen ein litauisches Unternehmen entschieden hat, dass Lkw-Fahrer aus Litauen, der Ukraine und Weißrussland Anspruch auf belgische Löhne haben, weil sie tatsächlich in Belgien arbeiteten. Das belgische Gericht berücksichtigte auch die individuellen Ansprüche der Fahrer in Höhe von bis zu 69 000 Euro. Nach Ansicht der FNV beweist dieser Fall die Wirksamkeit und die abschreckende Wirkung des belgischen Systems. Darüber hinaus wurde der ehemalige stellvertretende Verkehrsminister aus Litauen, der bei dem Unternehmen als Manager arbeitete, zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

In den Niederlanden ist es Unternehmen wie Van den Bosch jedoch bisher gelungen, den Konsequenzen zu entgehen, weil der Rechtsweg zu lange dauert und die Maßnahmen der Regierung nicht besonders abschreckend sind”, so die Gewerkschaft weiter.

Tags