Künstliche Intelligenz in der Logistik – von der Excel Liste hin zu Machine Learning

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Auch wenn es mittlerweile beeindruckende Leuchtturmprojekte im FreightTech Segment gibt, der Digitalisierungsindex in der Transport- und Logistikbranche liegt immer noch in einem recht niedrigen Bereich. So wird nicht nur in der LKW-Disposition nach dem Prinzip Bauchgefühl und Excel-Tabelle gearbeitet, dieses Phänomen zieht sich seit Jahren durch sehr viele Unternehmensebenen. Ist nicht weiter schlimm, läuft ja auch so, sollte man meinen – es hilft uns aber nicht, wenn wir die Branche im internationalen Maßstab wettbewerbsfähig halten wollen. Die Digitalisierungsprozesse rollen in so schnellen Zyklen auf die Speditionen, Verlader, Versender zu, dass es sich lohnt, genauer hinzuschauen und zu hinterfragen, wie Software as a Service, Plattformökonomie und die Zusammenarbeit zwischen Hightech Companies und etablierter Industrie gelingen.

Was sich verändert hat, ist der Zugang zu den Daten. Digitale Logistikplattformen haben insbesondere im letzten von Lockdowns und Lieferengpässen geprägten Jahr Wachstumsraten verzeichnet, von denen man zuvor nur träumen konnte – dieser Trend wird sich fortsetzen. Eine klassische Digitalisierungswelle, wie wir sie aus anderen Branchen kennen, wird aber nicht automatisch Wettbewerbsvorsprung sichern. In der Transportlogistik, in der Entscheidung aufgrund der Vielzahl sich ständig ändernder Einflussfaktoren unter Zeitdruck und erheblicher Unsicherheit getroffen werden müssen, geht es vielmehr darum, intelligente, selbstlernende Systeme zu entwickeln, die diese Aufgabe effizienter erledigen.

Wenige Dinge kann man mit Sicherheit sagen, aber die Supply-Chain-Intelligence wird einer der wichtigsten langfristigen Trends sein, um mehr Transparenz und Effizienz zu erzielen. Wir sind bei Carrypicker vor drei Jahren angetreten, um den Leerfahrten bei den LKWs den Kampf anzusagen und die Auslastungsoptimierung mithilfe modernster mathematischer Methoden zu lösen. Aus diesem vom Bundesverkehrsministerium geförderten Forschungsprojekt sind beeindruckende Ergebnisse entstanden, die wir demnächst vorstellen.

Eine Erkenntnis lautet: erst durch den Einsatz selbstlernender Systeme, die eine Vielzahl von Daten aus unterschiedlichen Quellen nutzen und auf Basis von Prognosemodellen agieren, ist es möglich, die Ineffizienzen in einem so stark vernetzten und hochkomplexen Umfeld wie der Transportlogistik zu erkennen und zu beheben. Alleine die Disposition von Teilladungen ist schon kompliziert genug; eine optimale Verteilung hängt von bis zu 50 verschiedenen Einzelfaktoren ab, die sich laufend ändern und zu Millionen von Kombinationsmöglichkeiten führen. Hinzu kommen die strengeren und langfristig dringlichen Vorgaben zur Erreichung der Klimaziele, die alle Akteure der Branche zum Handeln auffordert. Der Wunsch nach größerer Transparenz, effizienterer Planung und schlankeren Prozessen, den die Digitalisierung mit sich bringt, wird also zunehmen.

Es geht also darum, die komplexen Entscheidungsprozesse so zu automatisieren, dass nicht nur Kosten eingespart werden, sondern auch die Umwelt nicht zu kurz kommt. Denn die Vorgaben zum Klimaschutz und zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks werden steigen und mit ihm der Zwang sie nachzuweisen – in Form von Zertifikaten, beim Controlling und in der Corporate Social Responsibility Strategie.

Bei der KI-Lösung können die strengen Vorgaben zum Klimaschutz im Detail nach- und ausgewiesen werden. Die Carrypicker Lösung wurde nach der international anerkannten Methode des Global Logistics Emissions Council (GLEC) berechnet und zertifiziert.

Auf zur Datenoptimierung – aber wie anfangen?

Wenn es in der Praxis darum geht die Schwachstellen und Ineffizienzen des Gütertransports zu beleuchten, muss man sich den LKW-Ladungsmarkt genauer ansehen. Das haben wir im Detail getan. Täglich fährt rein rechnerisch jeder dritte LKW leer und ein wesentlicher Grund dafür ist die Sendungsstruktur von Unternehmen. Typischerweise zeigt sich ein U-förmiger Verlauf: Relativ viele Sendungen liegen im Bereich bis etwa 5, 6 Paletten, danach flacht die Kurve stark ab und steigt dann wieder steil an. Somit ergeben sich—schon optisch—drei voneinander getrennte Bereiche: links Stückgut, rechts Full Truckload und dazwischen Teilladungen oder LTL.

Aus Sicht des Transportsektors ergibt sich folgendes Bild: Durch den mehrstufigen Transport im Stückgutbereich können nur kleine Einheiten effizient transportiert werden. Größere Sendungen führen zu steigenden Handling-Kosten und sind somit unattraktiv, zudem steigen durch häufiges Umladen sowohl die Fehlerquote als auch die CO2-Emissionen. Anders der Direktladungsbereich: Hier gilt, je höher die Auslastung, desto niedriger die Stückkosten. Sollen Teilladungen transportiert werden, müssen diese entweder manuell mit Sendungen anderer Kunden kombiniert werden, was zeitintensiv und komplex ist, oder der LKW fährt halbleer, was ebenfalls zu vermeidbaren CO2-Emissionen führt.

Die größte Herausforderung sind daher Teilladungen. Sie ist schwer zu planen und bergen ein hohes Auslastungsrisiko, das zu höheren Kosten führt, die letztendlich auf den Kunden — also das verladende Unternehmen — umgelegt werden.

Bildrechte: www.carrypicker.com

Daher gewinnt die optimierte Ladungsbündelung mithilfe komplexer mathematischer Algorithmen zunehmend an Bedeutung, denn nur so lassen sich die Vorteile von Stückgut und FTL vereinen und auf das Teilladungssegment übertragen: Willkommen im Systemverkehr für LTL. (Weitere Informationen hierzu im Video unter ltl.carrypicker.com)

Über Carrypicker

Das Hamburger Freight-Tech Unternehmen Carrypicker zählt seit seiner Gründung zu den Vorreitern im Bereich Künstliche Intelligenz in der Transportlogistik. Mit einem Team aus erfahrenen Informatikern, Data Scientists und Logistikexperten, unterstützt durch eine Forschungsförderung der Bundesregierung, hat es eine innovative Lösung für die intelligente Bündelung von Teilladungen entwickelt. Damit kann die Wirtschaftlichkeit erhöht und durch eine Erhöhung der Auslastung um bis zu zehn Prozent gleichzeitig ein aktiver und messbarer Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.

Foto: Carrypicker

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