Dirk Baumgart, Gründer der "Interessengemeinschaft pro LKW"

#AlbTraumJob: Berufskraftfahrer mit Leib und Seele über Wertschätzung und die Problematik der Branche

Gründer der "Interessengemeinschaft pro LKW" Dirk Baumgart möchte jungen Leuten die schönen Seiten des Berufs zeigen. Im Interview erzählt er aber auch über die Schattenseiten und was sich seiner Meinung nach in der Branche ändern muss, damit der Job weiterhin sinnhaltig ist.

Lesezeit 5 Min.

Sabina Koll, Trans.iNFO: Was hat Sie dazu bewegt Berufskraftfahrer zu werden?

Dirk Baumgart, Berufskraftfahrer und Gründer der Interessengemeinschaft pro LKW: Ich hatte eigentlich schon als Kind den Wunsch, LKW oder Busfahrer zu werden. Die Serie “Auf Achse”, die im Fernsehen lief, hat mich dann überzeugt und meinen Wunsch Richtung LKW gelegt. Seit 1999 fahre ich LKW bis 7,5 Tonnen, weil ich mir den Führerschein nicht leisten konnte. 2015 habe ich durch Hilfe vom Arbeitsamt den großen Führerschein gemacht und bin seitdem gerne auf dem 40-Tonner unterwegs.

Ich möchte hier gleich auf die letzte Frage antworten, wenn ich noch einmal die Wahl hätte, würde ich den gleichen Berufsweg wieder einschlagen? Nein, denn ich kann mir keine schönere Branche vorstellen. Ich hätte mir nur viel früher gewünscht, die Möglichkeit zu haben, den LKW-Führerschein zu machen.

Die positive Seite des Berufs ist…

Ich habe vor kurzem einen Artikel bei Facebook darüber geschrieben. Für mich gibt es trotz aller Probleme viele positive Seiten, die den Beruf ausmachen.

Es ist ja schon der Start am Montag, wenn ich den Motor starte. Die Sonnenauf- und -untergänge sind, denke ich, für jeden Fahrer bzw. Fahrerin etwas Besonderes. Aber es ist auch jedes Wetter für mich spannend und ich darf es draußen erleben, sozusagen live dabei sein.

Dazu kommt noch, dass man immer noch ein Stück frei ist. Einen Bürojob zum Beispiel kann ich mir nicht vorstellen. Die Größe, die Kraft und die Optik des LKW fasziniert mich immer aufs Neue. Hin und wieder fahre ich ohne Radio und höre dem Motor und der Technik beim Arbeiten zu.

Auch die Übernachtung im LKW hat seine schönen Seiten. Wenn man möchte, ist man einfach für sich. Morgens kann man die erste Tasse Kaffee in der Natur genießen, was gerade im Sommer schön ist. Ich suche mir oft Parkplätze, die nicht so sehr belebt sind, zum Beispiel an einem Wald oder auf einem Feld. Das ist hier in Mecklenburg-Vorpommern noch möglich.

Wie stellen Sie sich Ihren Beruf in 10-20 Jahren vor?

Ich wünsche mir, dass der Straßengütertransport in 10 bis 20 Jahren fair für alle ist und niemand diskriminiert werden muss. Denn den unfairen Wettbewerb bekommen auf der Straße leider die Fahrerinnen und Fahrer zu spüren.

Ich selbst habe es schon erlebt, als ich mit einem polnischen Anhänger unterwegs war. Ich wurde von einigen Kollegen als Polake beschimpft und das, war unangenehm. Wir sind alle Fahrerinnen und Fahrer, egal wo wir herkommen und aus vielen Gesprächen habe ich gemerkt, dass Fahrerinnen und Fahrer, egal welcher Herkunft, dieselbe Leidenschaft für den Beruf haben wie ich.

Im Hinblick auf die alternativen Antriebe gehe ich davon aus und wünsche mir, dass wir weiterhin Diesel fahren. Ich persönlich möchte keinen Elektro-LKW lenken und kann mir persönlich nicht vorstellen, dass das funktioniert. Und das autonome Fahren wird meiner Meinung nach nur auf einem abgesperrten Gelände möglich sein und nicht auf der Straße

Wie gesagt, ich hoffe und denke, dass ich in 10 bis 20 Jahren die selbe Arbeit wie heute machen werde bzw. machen darf.

Was muss sich in der Transportbranche ändern und warum?

Es muss im Wettbewerb fairer werden und hier meine ich den Verdienst. Zudem müssen sich die Bedingungen an Autohöfen und Raststätten verbessern. Es mangelt gerade hier in Deutschland an allem an Toilette, Duschen, sicheren Parkplätzen und Einkaufsmöglichkeiten. Das muss sich ändern, gerade bei der Verladerschaft muss es doch möglich sein, den Fahrerinnen und Fahrern eine vernünftige Dusche und vernünftige Toiletten zur Verfügung zu stellen.

Welches Thema erhält Ihrer Meinung nach zu wenig Beachtung in der Branche?

Das Thema Nachwuchs hat viel zu wenig Beachtung. In den Schulen wird oft über Berufe gesprochen, aber nicht über Berufskraftfahrer. Eine Ausbildung ist gerade in Mecklenburg-Vorpommern unattraktiv, weil die Fahrerinnen und Fahrer nur als billige Arbeitskraft gesehen werden. Das sollte mehr kontrolliert werden.

Ich bin auch der Meinung, dass wir viel zu wenig an die Öffentlichkeit gehen. Die Fahrerinnen und Fahrer hatten alle mal irgendwie Kontakt zum LKW. Das ist heute kaum noch möglich. Da müssen wir alle etwas tun. Wir müssen den Menschen und ihnen einen Einblick in die Branche geben. Die Menschen in die LKW schauen lassen und auch gleich das Thema Verkehrssicherheit behandeln. Ich denke, da könnte man mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Am 22. April organisiere ich wieder einen Brummi Kaffee am Eni-Autohof Heiligengrabe. Da laden wir alle Leute ein, ob Fahrerinnen oder Fahrer, Unternehmerinnen und Unternehmer – alle, die sonst nichts mit dem LKW zu tun haben. Wir klären auf und zeigen beispielsweise den toten Winkel, zudem haben die Leute die Möglichkeit, in den Brummi reinzuschauen.

So ein Treffen möchte ich auch hier in meiner Heimatstadt organisieren. Wir müssen zu den Menschen und sie aufklären, denn ich glaube weniger, dass jemand uns im Gewerbegebiet besuchen wird. Und solche Aktionen helfen dabei, die jungen Leute für den Beruf zu begeistern und so für Nachwuchs zu sorgen.

Tags